ANN ARBOR, USA Festivalbericht von Jule Körperich
Im März 2025 war sie mit ihrem Film FOTOREVOLTE eingeladen. Ein Reisezuschuss der AG Kurzfilm und der Microförderung des Filmbüros ermlöglichte ihr die Reise in die USA.
Bericht von Jule Körperich (FOTOREVOLTE)
Das Ann Arbor Film Festival wohl das älteste Experimentalfilmfestival der Welt und entsprechend renommiert im künstlerischen Film. Dieses Jahr fand es zum 63. Mal statt. Es gab über 2.700 Einreichungen und es wurden 180 Filme gezeigt. Die 11 internationalen Wettbewerbe zeigten zeitgenössische Experimentalfilme, Animationen, Dokumentarfilme, Spielfilme sowie hybride Werke. Es wurden Geldpreise in Höhe von fast 40.000 USD vergeben.
Der Hauptveranstaltungsort des Festivals ist das historische Michigan Theater, ein wunderschönes Kino aus den 1920er Jahren. Es gibt dort eine historische Orgel, die im Boden versenkt werden kann und vor fast jedem Programm von sehr guten Organisten gespielt wurde. Das Kino hat zwei Screening-Orte: einen wunderschönen Hauptsaal mit 1700 Sitzen und einen kleinen Kinosaal mit 200 Plätzen. Im Hauptsaal liefen die Wettbewerbe, im kleinen Saal Langfilme mit Vorfilm und besondere Programme. Die Kinos waren erstaunlich gut gefüllt und die Gastfreundschaft war beeindruckend. Das Festival ist sehr mit der Uni Ann Arbor verwoben und wird von der lokalen Community sehr unterstützt; Studierende, Mitarbeitende und Alumni sind eingebunden, hosten Gäste und sorgen für Transport und gute Unterhaltung (z.B. Besuche im nahgelegenen Detroit). Bemerkenswert fand ich auch, dass
nicht nur Branchenpublikum da war, sondern auch normale Menschen beim Q&A Fragen stellten. Es gab jeden Abend After-Parties in wechselnden Clubs, einmal mit Drag Show. Auch interessant ist, dass es keine richtige Kulturförderung gibt und das Festival erkennbar auf Sponsoren angewiesen ist. So wird die Eröffnungsgala von der umliegenden Gastronomie ausgestattet, die mit Häppchen und Gatisdrinks Werbung für sich macht. Ähnlich wird die
Filmemacherlounge bestückt – mal gab es Kuchen, mal gab es einen Haufen Chipstüten, aber immer gab es was zu essen. Mein Screening war im Rahmen der ausverkauften Eröffnungsveranstaltung und großartig. Die Menschen waren sehr interessiert, stellten im Q&A viele Fragen und sprachen mich auch danach noch auf den Film an.
Es sind mehr als 50 Filmemacher:innen aus aller Welt zum Festival angereist. Wir haben uns schnell kennengelernt und eine tolle Zeit verbracht. In normalen Zeiten sind es wohl wesentlich mehr internationale Filmemacher:innen. Aufgrund der politischen Situation und einem verrückten Präsidenten war es für uns tatsächlich schwierig, teuer und supernervig, rechtzeitig ein Visum zu bekommen, weil wir vor Jahren den Iran bereist haben und keine elektronische Einreisegenehmigung bekamen. Andere mit unerwünschteren Nationalitäten oder Geschlechtereinträgen haben es wohl gar nicht erst versucht. Ich rate allen, das zu recherchieren, bevor man den Flug bucht, weil aktuell auch vermehrt bei der Einreise schikaniert und sogar abgeschoben wird.
Ann Arbor ist eine kleine, aber freundliche und sehr liberale Unistadt und es lässt sich dort sehr gut aushalten, wenn man den mäßigen ÖVPN und fehlendes Umweltbewusstsein (alles per Auto, immer nur Wegwerfbecher etc.) ausblendet. Im Gegensatz zum Umland werden hier immer die Demokraten gewählt und man ist generell sehr kritisch gegenüber der Trump-Regierung.