01. - 03. November 2019 im City 46

Rumänien Filmtage

Das Filmbüro Bremen organisiert in diesem Jahr mit dem Kommunalkino CITY46 die Rumänien Filmtage.

rumaenien FT front
rumaenien FT front

Kuratorin des Langfilmprogramms der Rumänien Filmtage und Autorin aller Filmtexte: Irene Rudolf

Rumänien Filmtage: fast alle
Rumänien Filmtage: fast alle
Die rumänischen Gäste: Valeriu Antriuta Laura Pop
Die rumänischen Gäste: Valeriu Antriuta Laura Pop

Drei Tage rumänisches Kino sind zu Ende gegangen. Angefangen mit Filmen über die Revolution 1989 und Geschichtsaufarbeitung im heutigen Rumänien, über ein Kindermusical und Kurzfilmprogramme zeigte das von der Filmkritikerin und Kuratorin Irene Rudolf maßgeblich zusammengestellte Programm Dokumentarfilme, Spielfilme und Animationen. Neben den cinematografischen Eindrücken gabe es in den Tagen Zeit, die drei Gäste kennen zu lernen. Irene Rudolf, in Berlin lebende Filmkritikerin mit rumänischen Wurzeln kennt und liebt das rumänische Kino. Sie gab die Einführungen in die Filme, führte die Filmgespräche und übersetzte simultan. Valeriu Andriuță ist bekannter rumänischer Schauspieler und Regisseur aus Rumänien, studierte in Tblissi und war bei der Short Film Collection mit seinem Film CU UNUL IN PLUS/ JUST ONE MORE vertreten. Laura Pop ist Animationsfilmerin in Bukarest, lebte aber auch eine Zeit lang in Liège. Sie brachte ihren Zeichentrickfilm MONSTRUL/MONSTER für die Kinder Short Film Collection mit. Die deutsche Seite war verteten mit Bernd Schoch, der seinen Dokumentarfilm OLANDA vorstellte, dessen Recherche mit dem Bremer Dokumentarfilm Förderpreis ermöglicht worden war. Aus Berlin waren Andreas Cordes und Robert Koehler angereist, um ihren Kinderfilm BOJE vorzustellen. Der bei der Short Film Collection schon bekannte Dennis Klose stellte seinen neuen Horrorkurzfilm BRAIN BOMB vor.
Drei intensive Tage im City46, die dem Bremer Publikum das rumänische Kino vorstellten und den Grundstein legten für eine Reihe von zukünftigen filmischen Kontakten. Wir sind gespannt, was sich daraus entwickeln wird!

I.Rudolf, V.Anriuta, A.Feldhaus
I.Rudolf, V.Anriuta, A.Feldhaus
Beate Koehler
Beate Koehler
D Klose AF
D Klose AF
SFC Jury: L.Pop, I.Rudolf, C.Gerhards
SFC Jury: L.Pop, I.Rudolf, C.Gerhards
Kinderfilm Gäste: A.Cordes, R.Köhler, L.Pop
Kinderfilm Gäste: A.Cordes, R.Köhler, L.Pop
Irene Rudolf, S.Wegelein, Bernd Schoch
Irene Rudolf, S.Wegelein, Bernd Schoch

Zur Jahrtausendwende hatte Rumänien Kinoruinen, eine brachliegende Filmförderung und ein Kinojahr ohne einen einzigen produzierten Film. Aber die, die beim Sturz Ceaușescus auf den Straßen noch spielten oder schon demonstrierten – oder in den Kasernen ihren Wehrdienst absaßen – waren soweit, und ein einziges Road-Movie, Cristi Puius Marfa și banii, lieferte die Blaupause der „Neuen Rumänischen Welle“: lebensnahe Figuren und Dialoge, eine erzählende Kameraführung, die von Technik und Filmgeschichte weiß und eine unbändige Lust, die Filmform in die raffiniertesten Widersprüche zu treiben, die sich dramaturgisch entwickeln lassen. In Cannes dominierte für Jahre der rumänische Film: Ein beispielloses Kino war entstanden. Die Rumänien Filmtage zeigen neue Filme zweier seiner großen Protagonisten, Corneliu Porumboiu und Radu Jude, das Videogramme-Meisterwerk von Farocki/Ujică über den politischen Umsturz (der bezeichnenderweise von Kamerabildern handelt), zwei Dokumentarfilme, die gemeinsam betrachtet von der Lebenswirklichkeit der Menschen erzählen (Arbeit und schon wieder Kino), eine Fülle von Kurzfilmen und einen Klassiker für Kinder – ein sinnlicher Einstieg in eine der weltweit spannendsten Kinematographien.

PM Highlights Rumänien Filmtage

Rumänien Filmtage - Flyer

Fotos: Jakob Welik

Programm

Freitag, 1.11. um 17:30 Uhr

Videogramme einer Revolution

Essayistischer Dokumentarfilm, D/RO 1992, R/B: Harun Farocki, Andrei Ujică, 107', rum. OF mit engl. UT

Videogramme einer Revolution
Videogramme einer Revolution
Videogramme einer Revolution
Videogramme einer Revolution

Der einzige blutige Umsturz im Osten Europas des Jahres 1989 war die rumänische Revolution, und audiovisuelle Medien, Videokameras und Fernsehübertragungen, spielten ihre bis dahin historisch bedeutsamste Rolle. Eine revolutionäre Medienanalyse, eine zeitnahe Rekonstruktion der Ereignisse, praktische Medienkritik als kritische Geschichtsschreibung, für die „Cahiers du Cinéma“ eines der zehn subversivsten Filme aller Zeiten – und vom Filmbüro Bremen koproduziert.

Die Videogramme einer Revolution entstanden, weil Harun Farocki Andrei Ujicăs gemeinsam mit Hubertus von Amelunxen herausgegebenes Buch „Television/Revolution“ gelesen und den Medienprofessor Ujică angerufen hatte. „Wir fuhren nach Bukarest“, schreibt Farocki in „Substandart“, „um Material zu der Frage beizubringen ob – im Wortgebrauch Vilém Flussers – die Kameras die Revolution abgebildet oder eingebildet hätten. Wir stellten uns eine Erörterung vor, aber wir merkten bald, daß die gefundenen Materialien zu einer Erzählung drängten. (...) Zu einer Erzählung allerdings, deren Bruchstellen die Erörterung einschließt. Weil unsere Filmerzählung aus vorgefundenen Filmmaterialien zusammengesetzt ist, weil keine zentrale Regie den Personen vor oder hinter der Kamera Anweisungen gegeben hat, will es scheinen, als sei es die Geschichte selbst, die sich hier ausgestaltet.“ Die Videogramme werden 2005 erstmalig im rumänischen Fernsehen ausgestrahlt. „Ich glaube nicht“, schreibt der Filmkritiker Andrei Rus, „daß ein Zuschauer, der diesen Film sieht, zur davorliegenden Ruhe zurückkehren kann. Wann immer sich das Problem der Revolution stellen wird, wird er sich auf die Videogramme beziehen.“ (ir)

weitere Informationen zum Film

Freitag, 1.11. um 20:00 Uhr

Mir ist es egal, wenn wir als Barbaren in die Geschichte eingehen/Îmi este indiferent dacă în istorie vom intra ca barbari

Essayistischer Spielfim, RO/D/BG/FR/CZ 2018, R: Radu Jude, B: Radu Jude, Florin Lăzărescu, K: Marius Panduru, D: Ioana Iacob, Alexandru Dabija, Alex Bogdan, 139', rum. OF mit dt. UT

Barbaren5
Barbaren5
Barbaren2
Barbaren2

Scharfgestellte, anarchisch verspielte Satire, der Status quo der aktuellen Geschichtsbewältigung und -vergessenheit in Rumänien und state of the art des rumänischen Kinos. Keine Geschichtskittung: Während der freien Produktion eines historischen Reenactments schimmern alle Bruchstellen der Gesellschaft, alle Rassismen und Ressentiments in ihren schillerndsten Farben auf.

Mihai Antonescu, einst Justiz- und Propagandaminister, später dann Außenminister und Vizepräsident der faschistischen Regierung in Rumänien, war nicht mit dem Marschall Ion Antonescu verwandt. Der Filmtitel ist ein Zitat des ersteren, das gerne zweiterem untergeschoben wird. Eine Finte die Namensgleichheit, eine Finte der Filmtitel: Wer geht in die Geschichte als Barbar ein?

Ioana Iacob spielt die Theaterregisseurin Mariana Marin, die zu Beginn des Films in Brechtscher Manier und Godard zitierend von sich sagt, sie sei leider nicht die Lyrikerin Mariana Marin. Und wie oft hatte die rechtsextreme rumänische Presse Radu Judes Nachnamen ganz unverhohlen geraunt? Die Figur Mariana Marin probt im Bukarester Freilichtmuseum für Militärgeschichte mit einem Verein Waffenbegeisterter ein Reenactment des Massakers von Odessa und liefert sich mit einem vom Theaterregisseur Alexandru Dabija gespielten Vertreter der Stadtverwaltung einen Schlagabtausch über Repräsentation. Ihrem per Skype zugeschalteten Liebhaber liest sie Isaac Babel und Agamben vor. Die manifesten Widerstände, denen sie sich ausgesetzt sieht, meistert sie mit Beharrlichkeit. Und am Ende tragen die Zuschauer des kruden Open-Air-Spektakels das ihrige zum Filmtitel bei. (ir)

Samstag, 2.11. um 15:30 Uhr

Veronica

Kindermusical, RO 1972, R: Elizabeta Bostan, K: Giulio Tincu, M: Temistocle Popa, D: Margareta Pâslaru, Dem Rădulescu, Lulu Mihăescu, 90', deutsch eingesprochenes Original

Veronica 3
Veronica 3
Veronica 2
Veronica 2

Um die Ecke der Kindervilla, in der Veronica lebt, liegt eine märchenhafte Welt, in der die Füchsin schwindelt, der gestiefelte Kater eine Mühle betreibt und der Mäuserich und seine Verwandten alle Tücke anwenden, um auf dem Tisch zu tanzen.

Eine rumänische Alice in einem hinreißenden 1970er Ost-Look, ein ständiger Anlass zu einem neuen wunderbaren Lied, ein Kostümfilm mit dem Charme des Selbstgemachten und ein Heidenspaß der damaligen rumänischen Schauspiel- und Popmusikgrößen wie Margareta Pâslaru und Dem Rădulescu an einem Kino für Kinder. (ir)

Samstag, 2.11. um 17:30 Uhr

Chuck Norris und der Kommunismus

Dokumentarfilm, GB/RO/D 2014, R: Ilinca Călugăreanu, 83', rum. OF mit dt. UT

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Chuck 09 1024x576
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Eine rasant montierte und berührende Ode an das populäre Kino vom Sandalenfilm bis zu Dirty Dancing oder: Wie aus Hollywood über den Umweg der VHS-Technik im sozialistischen Rumänien Widerstand wurde. Die mit zahlreichen Filmausschnitten und Nachinszenierungen durchsetzte Dokumentation rekonstruiert die abenteuerliche Verbreitung und Vorführung und die nicht weniger abenteuerliche Wirkung beliebter amerikanischer Herzens- und Knochenbrecher und ihrer Filme.

Es gibt keine Bilder davon, wie es gewesen ist, die TV-Schirme schauten nicht zurück. Die britische Anthropologin Ilinca Călugăreanu, selbst im Rumänien der 1980er Jahre aufgewachsen, stellt sie nach, das Staunen und die Gier beim heimlichen Betrachten von Hollywoodfilmen. Und die Geschichte der Schattenindustrie, die die Traumfabrik auf abertausende VHS-Bänder in Ceaușescus Wohnsilos brachte, steht den imperialistischen Plots in nichts nach, Pistolenlauf der Securitate inklusive. Im Zentrum des überschwänglichen Kompilationsfilms: Irina Nistor, die Übersetzerin, die nachts synchronisierte. Aus dem Stand, alle Rollen, über 3.000 Filme. Rocky und Jesus von Nazareth und Dirty Dancing. Und es ist, als würde dieser Film ganze Dekaden des Mainstreamkinos vervollständigen durch die Erzählung ihrer außergewöhlichen Wirkung. Rocky rockt Rumänien und Chuck Norris gleich den ganzen Kommunismus. (ir)

Samstag, 2.11. um 20:00 Uhr

60. Short Film Collection/Prima colecție de scurt metraje

TheCall 02 web
TheCall 02 web
DAMAGED1 Beate C Koehler
DAMAGED1 Beate C Koehler

Ein langer rumänisch-deutscher Kurzfilmabend mit Jury- und Publikumspreis. Ein Get-Together für Filmemacher und Zuschauer.

Filme im Wettbewerb

Sonntag, 3.11. um 15:30 Uhr

Filme für Kinder/Filme pentru copii

Wombo1
Wombo1
The Little Hero Elena Ciolacu
The Little Hero Elena Ciolacu

Ein Programm für kleine Kinogänger mit kurzen Filmen aus Rumänien und Deutschland und einem Publikumspreis.

Filme im Wettbewerb

Sonntag, 3.11. um 17:30 Uhr

Olanda

Dokumentarfilm, D 2019, R: Bernd Schoch, B: Bernd Schoch, André Siegers, K: Simon Quack, Bernd Schoch, 154', rum. OF mit dt. UT

Olanda 1
Olanda 1
Olanda 2
Olanda 2

Pilze. Sammeln. In den Karpaten. Der Hamburger Dokumentarfilmer Bernd Schoch und sein Team folgen den Verästelungen des eigentümlichen Rhizoms, legen dessen kulturelle Wurzeln frei, sammeln und sortieren Aufnahmen seiner Sammler und blicken aufs große Ganze von Himmeln, Physiognomien, Zwängen und einer selbst schon pilzartigen Widerständigkeit.

Die Recherche für Olanda wurde 2016 mit dem „Bremer Dokumentarfilm Förderpreis“ ausgezeichnet, seine Premiere feierte der Film auf der diesjährigen Berlinale. Nach der Vorführung: Filmgespräch mit dem Regisseur Bernd Schoch. (ir)

weitere Informationen zum Film

Sonntag, 3.11. um 20:00 Uhr

Der Schatz/Comoara

Spielfilm, RO/FR 2015, R/B: Corneliu Porumboiu, K: Tudor Mircea, D: Cuzin Toma, Adrian Purcărescu, Corneliu Cozmei, 89', rum. OF mit dt. UT

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Kino als synästhetische Wahrnehmung von banalen Handlungen und märchenhaften Entscheidungen: Mit einer Schatzsuche auf dem Familiengrundstück versöhnt der wunderbare Filmemacher Porumboiu die langweiligen Tücken des Alltags mit den großen Momenten des Lebens, deren Autoren wir ebenfalls sind.

Man sollte nicht den puren Wortsinn vergessen, wenn man einen Film von Corneliu Porumboiu sieht. Nicht die diabolische Präzision, mit der der Schauspieler Vlad Ivanov als Vorgesetzter dem jungen Polizisten in Porumboius Film Polițist, adjectiv die Semantik des Adjektivs „polizeilich“ entgegenschleuderte, bis dieser – und mit ihm der ganze Film, der ihm bei seiner polizeilichen Beweisaufnahme folgte – buchstäblich am Ende sind. Comoara, Der Schatz, sieht dem jungen Familienvater Costi dabei zu, das Geld und den Detektor und die Ausgrabungen zu besorgen, um für den Preis einer Gewinnbeteiligung seinem durch die Zinsen für die Bukarester Eigentumswohnung in finanzieller Not geratenen Nachbarn Adrian dabei zu helfen, einen Schatz zu heben, der möglicherweise unter einem Baum auf dem urväterlichen Grundstück in Islaz liegt. Costis Ehefrau befeuert die staubige Schatzsuche durch staubtrockenes Schulwissen: In Islaz, dem Kaff, wurde die Revolution von 1848 ausgerufen, und zwar durch Söhne ziemlich reicher Familien. Jetzt scannen drei Männer bis Nachteinbruch unter lautem Geräusch wenig Erde mit schwerem Gerät, bis die Geschichte und später dann auch dieser Film ein ironisches, ein fulminant märchenhaftes Geheimnis preisgibt. (ir)

Veranstaltungsort

CITY 46, Kommunalkino Bremen e.V.
Birkenstr. 1, 28195 Bremen
www.city46.de
Tickets unter (0421) 957 992 90 oder (Email-Adresse)

Organisation

Filmbüro Bremen e.V.
Hinter der Holzpforte 1, 28195 Bremen
www.filmbuero-bremen.de
Weitere Informationen
Jan Rademann
(0421) 708 48 91 oder
(Email-Adresse)

Eintrittspreise

Langfilme
9 € normal
8 € Mitglieder der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft
5,50 € ermäßigt und Mitglieder des Filmbüros
4 € KoKi Mitglieder

Short Film Collection Sa um 20:00
7 € Einheitspreis
Die Einnahmen gehen an den Gewinner des Publikumspreises.

Kinderprogramm Sa/So um 15:30
6 € normal
5 € Mitglieder der Deutsch-Rumänischen Gesellschaft
3 € Kinder

Eine Kooperation von Filmbüro Bremen und dem Kommunalkino City 46. Gefördert vom Senator für Kultur Bremen und dem Rumänischen Kulturinstitut Berlin.

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